Calming signals  - Die Beschwichtigungsmethodik der Hunde.

Wie bereits in meinem Artikel zu dem Thema "Hund-Mensch-Familie" beschrieben zeigen Hunde meiner Meinung nach in den seltensten Fällen dominantes Verhalten und wenn, dann ist dieses Verhalten jederzeit situationsbedingt und meistens auf einen Fehler des Herrchens oder Frauchens zurück zu führen. Ganz das Gegenteil ist nämlich der Fall, Hunde versuchen Konfliktsituationen möglichst zu beruhigen oder gar zu vermeiden.

 

Unser domestizierter Haushund stammt ursprünglich von den Wölfen ab, da sind wir uns alle einig. In einem frei lebenden Wolfsrudel steht stets das soziale Miteinander im Mittelpunkt, denn nur so kann das Überleben der Wolfsfamilie gesichert werden. Konflikte würden geschwächte und im schlimmsten Fall verletzte Tiere bedeuten und dieser Zustand würde die Stärke des Rudels extrem beeinträchtigen. Daher entwickelten Wölfe sogenannte Cut-Off-Signals, sie bauten diese Beschwichtigungssignale in ihre Kommunikation ein, beugten so Konflikten vor und konnten das Rudel in Stresssituationen beruhigen. Wenn man Wölfe in freier Wildbahn beobachtet, so kann man diese Signale sehr häufig und vor allem deutlich erkennen. Bei unseren Haushunden sind die heute genannten Calming Signals deutlich feiner, um sie zu erkennen müssen wir ganz genau hinschauen und uns gut mit der Thematik und den einzelnen Signalen auseinander setzten. Durch den Einsatz eines Calming Signals möchte der Hund eine Situation entschärfen bzw. einen Konflikt vermeiden oder sich selber beruhigen. Gleichermaßen möchte er jedoch auch seine Individualzone schützen und uns oder andere Hunde höflich auffordern, gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. Wenn wir Menschen diese Signale nun aber nicht kennen, so entstehen sehr viele Missverständnisse in der Kommunikation mit unserem Hund. Die schlimmste Konsequenz wäre ein aggressiver Hund der auf passive oder sogar aktive Weise droht, da wir Menschen seine Grenze permanent überschreiten und ihm zu nahe treten. Hunde kennen grob formuliert nur die zwei Extreme, entweder man wird aufgrund von Calming Signals als höflich und netter Zeitgenosse eingestuft oder man ist ein aggressives oder bedrohliches Individuum und gehört (so wäre es bei den Wölfen in der freien Natur) verjagt. Und ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich möchte unbedingt zu ersteren Fraktion gehören ;-).  

 

 

Im Folgenden möchte ich Euch nun einige wichtige Calming Signals mit ihren möglichen Bedeutungen vorstellen. 

  1. Den Kopf und/oder den Blick abwenden: Dieses Signal wird von vielen Hunden sehr deutlich eingesetzt. Amy setzt dieses Signal z.B. ein, wenn ich sie zu sehr "bekuschel". Sie wendet dann den Kopf deutlich von mir ab und starrt eine Zeit lang in die entgegengesetzte Richtung. Auch bei der Begrüßung zweier sich fremder Hunde kann man dieses Signal sehr gut beobachten. Meistens wenden die Hunde vor dem ersten direkten Kontakt kurz den Kopf ab, um ihrem Gegenüber friedliche Absichten zu demonstrieren. Wenn euer Hund euch gegenüber den Kopf abwendet fühl er sich meistens in irgend einer Art bedrängt. Gebt ihm Freiraum und wendet auch den Kopf ab, so könnt ihr ebenfalls eure friedlichen Absichten unter Beweis stellen.
  2. Im Bogen laufen: Der freundliche Hund würde nie frontal auf einen anderen Hund zu laufen. Für diese Maßnahme müsste extrem hohes Vertrauen zu dem anderen Hund bestehen und das ist nur bei Hunden der Fall, welche sich sehr gut bekannt sind. Es wird also im respektvollen Bogen aufeinander zu gelaufen, meistens wird dabei zusätzlich der Blick abgewendet. Daher verstehen sich Hunde auf einer großen Wiese meist deutlich besser als in einer engen Gasse, wo die Hunde gezwungenermaßen direkt aufeinander zu laufen und sich so extrem provokant verhalten müssen. 
  3. Das Splitten: Als ich das erste Mal von diesem Signal gehört habe musste ich wirklich lachen. Denn Amy splittet für ihr Leben gerne. Egal wer zu Besuch kommt, sobald jemand mich umarmt kommt mein Hund angeschossen und geht dazwischen. "Ach wie niedlich, Amy ist eifersüchtig", ganz und gar nicht. Amy befürchtet einen Konflikt aufgrund von zuviel Nähe und geht dazwischen, um die Umarmenden zu trennen (zu engl. Splitten). Dieses Signal wird von einigen Hunden extrem häufig und von anderen sehr wenig eingesetzt. Es kommt stark auf den Charakter des Tieres an und ob es seine Aufgabe in der Sorge um andere oder nur in der Sorge um sich selber sieht. 
  4. Das Hinlegen: Legt sich der Hund flach mit dem Bauch auf den Boden, so sieht es meist aus als würde er lauern. Viele Hunde zeigen dieses Signal wenn ein anderer Hund in Sichtweite ist. Das es sich bei dieser Art des Hinlegens wohl um das stärkste Calming Signal handelt ist den wenigsten Hundebesitzern bewusst. Häufig legen sich ranghohe Hunde in die Mitte eines etwas zu wild geratenem Rudel um dieses zu beruhigen und das Stresslevel zu reduzieren. Der Hund signalisiert ganz deutlich, dass von ihm keinerlei Aggressivität aus geht und er sich ein ruhiges Umfeld wünscht. Zwingt daher bitte niemals euren Hund aufzustehen, weil ihr z.B. Angst habt andere Hundebesitzer fassen seine liegende Haltung negativ auf. Friedlichere Absichten kann euer Hund nicht haben. Auch wir Menschen können uns bewusst hinlegen, um eine Stresssituation zu beruhigen.
  5. Das Einfrieren: Gerade kleine Hunde frieren sehr häufig in einer Situation ein. Wenn Amy auf einer großen Wiese mit einem Hund spielt und sich noch ein anderer Hund dazu gesellt, wird es ihr schnell zu wild. Also erstarrt sie und bewegt sich keinen Zentimeter mehr. Dadurch signalisiert sie ganz eindeutig ihre Unsicherheit und das es ihr zuviel wird. Friedlich gestimmte Hunde lassen schnell von dem "erstarrten" Artgenossen ab und beschäftigen sich anderweitig. 
  6. Nase lecken/Schmatzen/Wedeln/Gähnen: Diese vier Signale deuten wir meist komplett anders. Wenn Hunde sich ihre Nase lecken und schmatzen hat das nicht zwangsläufig etwas mit z.B. leckerem Fressen zu tun, auch diese Signale können der Beruhigung dienen. Auch das Schwanzwedeln ist nicht immer Freude, sehr häufig signalisiert es Unsicherheit in Bezug auf eine Situation. Auch das Gähnen muss nichts mit Müdigkeit zu tun haben, häufig gähnen Hunde z.B. vor dem Gassi gehen um ihre eigene Aufregung zu minimieren. 

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